- Am fünften Tag des Lkw-Fahrer-Streiks in Südkorea bittet die Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF) die IAO und die UNO um dringendes Eingreifen, um den Verstößen der Regierung gegen Arbeitnehmer*innenrechte Einhalt zu gebieten.
- Das drakonische Vorgehen gegen streikendes Lkw-Fahrpersonal wird von der ITF, Wissenschafts- und Juristenkreisen sowie der Zivilgesellschaft in Südkorea und der internationalen Gemeinschaft scharf verurteilt.
- Die Streikenden fordern die Beibehaltung und Ausweitung der "Safe Rates"-Gesetze zur Straßenverkehrssicherheit, die die Regierung im Juni beschlossen, aber inzwischen wieder zurückgenommen hat.
Vor dem Hintergrund internationaler Besorgnis über das Vorgehen der südkoreanischen Regierung gegen streikendes Lkw-Fahrpersonal hat die ITF heute gemeinsam mit der Koreanischen Gewerkschaftskonföderation (KCTU) und der Koreanischen Gewerkschaft der Angestellten bei öffentlichen Diensten und Verkehr (KPTU) Ersuchen beim Generaldirektor der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und dem UN-Sonderberichterstatter für Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit eingereicht. Sie bitten um dringende Intervention im Namen des an einem rechtmäßigen Streik beteiligten Lkw-Fahrpersonals, um gravierende Verstöße gegen Arbeitnehmer*innenrechte zu verhindern.
Am 24. November wurde ein nationaler Streik ausgerufen, der fortgesetzt werden soll, bis die Regierung ihr Versprechen in Bezug auf die "Safe Rates"-Gesetzgebung einlöst. Im Juni hatte die der ITF angeschlossene Sektion Straßentransport der Koreanischen Gewerkschaft der Angestellten bei öffentlichen Diensten und Verkehr (KPTU-TruckSol) einen Streik abgebrochen, nachdem die Regierung der Beibehaltung und Ausweitung der "Safe Rates"-Gesetze zugestimmt hatte, die Normen für sichere und faire Löhne vorgeben und dazu beitragen, die Zahl der Todesopfer auf den südkoreanischen Straßen zu verringern. Dieser neue Streik wurde ausgerufen, nachdem die Regierung wortbrüchig wurde.
"Lange vor dem Beginn des Streiks bezeichneten Mitglieder der südkoreanischen Regierung, darunter auch Präsident Yoon Seok-yeol selbst, ihn als 'illegal' und 'ungerechtfertigt' und drohten den Beschäftigten mit strafrechtlichen Konsequenzen," so ITF-Generalsekretär Stephen Cotton. "Jetzt erwägen sie, Bestimmungen geltend zu machen, die nur in extremen Notfällen herangezogen werden sollten, um die Beschäftigten zur Arbeit zu zwingen."
"Aber dieser Streik ist gerechtfertigt. Die Beschäftigten fordern die Regierung dazu auf, zum Ende des Jahres auslaufende Gesetze beizubehalten, die die Straßen Südkoreas sicherer machen, nicht nur für das Fahrpersonal, sondern für alle Straßenverkehrsteilnehmer."
Die Regierung hat an den Streikorten ein großes Polizeiaufgebot postiert, setzt Ersatzarbeitskräfte und Militärfahrzeuge ein und kündigte an, auf einer am 29. November geplanten Kabinettsitzung Anordnungen zur Aufnahme der Arbeit zu prüfen, um die Fahrer*innen einzeln zur Rückkehr an den Arbeitsplatz zu zwingen. Fahrer*innen, die solche Anordnungen erhalten und sie nicht befolgen, drohen bis zu drei Jahre Gefängnis oder hohe Geldstrafen. Aus Gewerkschaftskreisen verlautet, dass die Regierung bereits morgen erste Anordnungen erlassen könnte.
"Diese Anordnungen würden eine extreme Verletzung bürgerlicher Freiheitsrechte und des Rechts auf Vereinigungsfreiheit darstellen," so Cotton. "Ihr Erlass würde auf Zwangsarbeit hinauslaufen. Die internationale Gemeinschaft wird nicht tatenlos zusehen und zulassen, dass Südkorea derart repressive Maßnahmen ergreift. Wir gehen davon aus, dass der IAO-Generaldirektor und der UN-Sonderberichterstatter die Schwere der Lage verstehen und umgehend eingreifen werden, um weiteren Verletzungen von Arbeitnehmer*innenrechten Einhalt zu gebieten."
Südkorea hat das IAO-Übereinkommen 87 über die Vereinigungsfreiheit und das IAO-Übereinkommen 29 über Zwangsarbeit ratifiziert. Das bedeutet, dass die in diesen internationalen Regelwerken festgeschriebenen Menschenrechte im Land rechtsverbindlich sind und die Regierung sie nicht einfach missachten darf.
"Das IAO-Übereinkommen 87 schützt die Rechte aller Arbeitnehmenden, auch der selbständigen Beschäftigten wie den der TruckSol angeschlossenen selbstfahrenden Unternehmern," erklärte der Leiter der ITF-Rechtsabteilung Ruwan Subasinghe. "Es gibt den Menschen das Recht, Organisationen ihrer eigenen Wahl, auch Gewerkschaften, zu gründen und sich ihnen anzuschließen. Das Recht auf Streik ist eine untrennbare Folge. Dies muss die südkoreanische Regierung respektieren."
"Eine Anordnung zur Wiederaufnahme der Arbeit unter Androhung strafrechtlicher Konsequenzen verstößt gegen das Übereinkommen 29 über die Zwangsarbeit. Die Behauptung, der aktuelle Streik des Lkw-Fahrpersonals erfülle die Voraussetzungen eines 'akuten nationalen Notstands', in dem Zwangsarbeit zulässig wäre, ist lächerlich. Dies ist ein rechtmäßiger Streik mit berechtigten Zielen."
"Die Verfassung der Republik Korea schützt auch die Vereinigungsfreiheit und das Bürgerrecht auf Freiheit von Zwangsarbeit. Es ist unglaublich, dass die südkoreanische Regierung so unverfroren gegen internationales und nationales Recht verstößt."
KPTU-TruckSol hat klargestellt, dass ihre Mitglieder keineswegs vorhaben, den Anordnungen zur Wiederaufnahme der Arbeit Folge zu leisten.
"Wenn die Regierung so dringend ein Ende des Streiks wünscht, sollte sie ihre Versprechen einhalten und die dauerhafte Beibehaltung des Safe-Rates-Systems sowie seine Ausweitung auf andere Sektoren beschließen," erklärte der Präsident der KPTU-TruckSol Bongju Lee. "Diese Einschüchterungstaktik wird sie nicht weiterbringen."
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Über die ITF: Die Internationale Transportarbeiter Föderation (ITF) ist ein demokratischer, von Mitgliedern geführter Verband von Verkehrsgewerkschaften und als die weltweit führende Institution mit Zuständigkeit für den Verkehrssektor anerkannt. Wir kämpfen engagiert für die Verbesserung des Arbeitslebens und vernetzen Gewerkschaften aus 140 Ländern miteinander, um Rechte, Gleichheit und Gerechtigkeit für ihre Mitglieder zu sichern. Wir sind Sprachrohr für knapp 20 Millionen Männer und Frauen, die die Mobilität der Welt sicherstellen.