Angesichts des enttäuschenden Urteils des Gerichts von Rotterdam in den Niederlanden haben die Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF), die Europäische Transportarbeiter-Föderation (ETF) und die ihnen angeschlossenen Gewerkschaften heute angekündigt, dass sie ihren Kampf um die Umsetzung der Klausel über nicht von Seeleuten durchzuführende Tätigkeiten fortsetzen werden.
Das niederländische Gericht hat leider davon Abstand genommen, Reedern und Bemannungsagenturen die unmittelbare Einhaltung der so genannten "Hafenarbeiterklausel" vorzuschreiben.
ITF, ETF und die den beiden Organisationen angeschlossenen Gewerkschaften Nautilus NL, FNV Havens und ver.di verlangen seit langem von der Branche, die Klausel umzusetzen, um Seeleute nicht länger zusätzlichen Gesundheits- und Sicherheitsrisiken am Arbeitsplatz auszusetzen und Hafenbeschäftigten nicht ihrer wertvollen Arbeit zu berauben.
Trotz der Abweisung des Eilantrags, die Durchführung von Ladungssicherungsarbeiten durch Seeleute noch vor dem Ergebnis des Hauptverfahrens unter sofortiges Verbot zu stellen, besagt die Vereinbarung nach Ansicht der Gewerkschaften eindeutig, dass diese Ladungsumschlagstätigkeiten von ausgebildeten, erfahrenen Hafenbeschäftigten, sofern vorhanden, auszuführen sind, um die gefährliche Praxis zu beenden, Lascharbeiten von erschöpften Seeleuten erledigen zu lassen.
Dem Urteil zufolge sind infolge der Nichteinhaltung der Klausel in der Tat dringend einstweilige Anordnungen erforderlich. Der vorsitzende Richter hielt jedoch eine umfassendere juristische Überprüfung für notwendig, um die unterschiedlichen faktischen und rechtlichen Fragen zu untersuchen. Leider befand der Richter die Angelegenheit für zu komplex, um ein beschleunigtes Verfahren einzuleiten.
Der Prozess wurde auf gemeinsames Betreiben der Gewerkschaften angestrengt. Die Klausel, die zur Einführung der seit langem angestrebten notwendigen Schutzregelungen ausgehandelt worden war, trat am 1. Januar 2020 nach Abschluss eines Tarifvertrags im Februar 2018 in Kraft. Die oben genannten Gewerkschaften strengten am 3. Juni 2020 gemeinsam ein Eilverfahren gegen die Bemannungsagenturen Marlow Navigation Netherlands B.V. und Marlow Navigation Company Limited (registriert in den Niederlanden bzw. Zypern) sowie die Reederei Expert Shipping B.V in den Niederlanden an. Später stellten fünf Charterunternehmen bei Gericht einen Antrag auf Verfahrensbeteiligung.
Nach dem heutigen Urteil werden die Gewerkschaften im maritimen Sektor weiter für die Umsetzung der Hafenarbeiterklausel auf allen Schiffen kämpfen, die einem ITF-Kollektivvertrag unterstehen.
Sie überlegen nun, ob sie gegen das vorläufige Urteil in Berufung gehen oder das Hauptverfahren abwarten sollen, bei dem das Gericht die Angelegenheit einer umfassenden Prüfung unterziehen wird.
Medienkontakt: Rory McCourt | (+447711) 356 964 | media@itf.org.uk
Hinweis: Kontakte zu anderen Gewerkschaften können über den obenstehenden Medienkontakt der ITF vermittelt werden.
Hinweis für Redaktionen:
Was ist die Hafenarbeiterklausel?
Die Hafenarbeiterklausel ist Bestandteil des Vertrags zwischen dem Internationalen Bargaining Forum (IBF), der Joint Negotiation Group (JNG) als Vertretung der Reeder und der ITF als Vertretung der Seeleute. Die Arbeitgeber von Seeleuten müssen den IBF-Vertrag, einschließlich der Hafenarbeiterklausel, in vollem Umfang einhalten.
Die Klausel zielt darauf ab, die Sicherheit von Seeleuten bei der Arbeit an Bord von Schiffen zu erhöhen, indem angemessene Arbeits- und Ruhezeiten eingehalten werden, Übermüdung reduziert wird und eigens dafür ausgebildete Beschäftigte diese gefährliche Aufgabe ausführen. Umfassende Recherchen haben ergeben, dass es sicherer ist, Ladungsumschlagstätigkeiten von speziell ausgebildeten Lascher durchführen zu lassen.
Es werden weitere Rechtsverfahren erwartet, um die umfassende Einhaltung der Hafenarbeiterklausel zu erwirken. In den Niederlanden sind Verfahren in der Sache anhängig.
Gewerkschaften weltweit werden sich weiter für den Schutz der Interessen von Seeleuten und Hafenbeschäftigten einsetzen.
Was besagt die Klausel konkret?
"Weder Seeleute noch andere von der Reederei dauerhaft oder befristet beschäftigte Personen an Bord eines Schiffes dürfen Umschlagsarbeiten in einem Hafen, Terminal oder an Bord eines Schiffes durchführen, wo die Umschlagsdienste von Hafenbeschäftigten erbracht werden, die einer der ITF angeschlossenen Gewerkschaft angehören. Sollten keine qualifizierten Hafenbeschäftigten in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen, darf die Schiffsbesatzung die Tätigkeiten durchführen, vorausgesetzt die ITF-Hafengewerkschaft bzw. die betroffenen ITF-Gewerkschaften haben vorher ihr Einverständnis erteilt, und vorausgesetzt, dass die jeweiligen Seeleute diese Aufgaben freiwillig durchführen, für solche Tätigkeiten qualifiziert sind und eine angemessene Vergütung erhalten. Zum Zwecke dieser Klausel umfasst der Begriff 'Umschlagsarbeiten' unter anderem, aber nicht ausschließlich das Laden, Löschen, Verlaschen und Loslaschen, Überprüfen und Annehmen von Ladung."
Über die ITF: Die Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF) ist ein demokratischer globaler Verband von 700 Verkehrsgewerkschaften, die rund 20 Millionen Beschäftigte in 150 Ländern vertreten. Die ITF setzt sich weltweit für die Verbesserung der Lebensbedingungen von Verkehrsbeschäftigten ein und organisiert internationale Solidarität innerhalb des Netzwerks ihrer Mitgliedsorganisationen. Die ITF vertritt die Interessen der Verkehrsgewerkschaften in Gremien, die Entscheidungen über Arbeitsplätze, Beschäftigungsbedingungen und die Sicherheit in der Verkehrswirtschaft fällen.