Im Dezember letzten Jahres hatte das Unternehmen endlich bekanntgegeben, von nun an Gewerkschaften anzuerkennen. Seitdem kam es jedoch nur zu unbeständigen und widersprüchlichen Fortschritten, da Ryanair in manchen Ländern Anerkennungsvereinbarungen unterzeichnete, in anderen hingegen den Beschäftigten keine andere Wahl ließ, als Arbeitskampfmaßnahmen zu ergreifen.
Ryanair hat noch einen weiten Weg vor sich, um reife Beziehungen zu den Gewerkschaften aufzubauen, seine Beschäftigungspraktiken zu verbessern und seinen Angestellten gerechte Bedingungen zu bieten.
Das Billigflug-Modell hat Flugreisen für alle erschwinglich gemacht und Tausende von direkten und indirekten Arbeitsplätzen geschaffen. Andere Billigfluggesellschaften arbeiten eng mit Gewerkschaften zusammen, um Fluggästen das beste Produkt und den Beschäftigten beste Bedingungen zu bieten. Bis heute ist es Ryanair nicht gelungen, eine solche Beziehung zu den Beschäftigten und ihren Gewerkschaften aufzubauen.
ITF, ETF und ihre Mitgliedsorganisationen haben das Vertrauen in die Fähigkeit der derzeitigen Unternehmensführung verloren, den Übergang zu einem nachhaltigen Geschäftsmodell mit einer gewerkschaftlich organisierten Belegschaft zu bewerkstelligen. Daher appellieren sie an die Aktionär/innen, die Wiederwahl des Verwaltungsratschefs auf der bevorstehenden Jahreshauptversammlung abzulehnen und eine/n unabhängige/n Vorsitzenden als Nachfolger/in zu wählen.
David Bondermann ist seit 1992 Verwaltungsratschef von Ryanair und verantwortlich für eine Unternehmenskultur, die seit zwei Jahrzehnten von extremer Gewerkschaftsfeindlichkeit geprägt ist. Wenn Ryanair sein Versprechen ernst meint, mit den Beschäftigten und den Gewerkschaften zu verhandeln, ist die Zeit reif für einen Führungswechsel. ITF und ETF wissen aus Gesprächen mit Ryanair-Aktionär/innen, dass viele von ihnen gleichfalls Bedenken hinsichtlich der Corporate Governance der Fluggesellschaft hegen.
Dazu ITF-Generalsekretär Stephen Cotton: "In den letzten Monaten hat Ryanair seine Unreife im Bereich der Arbeitsbeziehungen unter Beweis gestellt. Ende letzten Jahres begrüßten ITF, ETF und unsere Mitgliedsorganisationen die Aussicht auf eine neue Ära der Zusammenarbeit mit dem Unternehmen. Stattdessen gingen Hinhaltepolitik, Widersprüche und hinterhältige Taktiken weiter."
"Unserer Ansicht nach liegt der Grund für diese Probleme teilweise in einem völlig unzeitgemäßen Corporate-Governance-Modell. Über zwanzig Jahre am selben Verwaltungsratschef festzuhalten und ehemalige Ryanair-Vorstandsmitglieder als 'unabhängige' nicht-exekutive Verwaltungsratsmitglieder einzusetzen, ist nicht gerade die geeignetste Strategie für eine ordnungsgemäße und kritische Kontrolle der Chefetage."
ETF-Generalsekretär Eduardo Chaga erklärte: "Es ist Zeit, dass Herr Bonderman geht. Es ist schwer vorstellbar, dass ein Unternehmen wie Ryanair sich weiterentwickeln kann, wenn sein Verwaltungsratschef im letzten Jahrhundert stehengeblieben ist."
"Das Geschäftsmodell von Ryanair beruht auf Sozialdumping und der Ausbeutung der Beschäftigten. Der gemeinsame Widerstand von Gewerkschaften gegen ein solches Verhalten steht im Mittelpunkt unserer Kampagne '"Fair Transport Europe'. Eine Richtungsänderung bei Ryanair ist in greifbarer Nähe, aber ein grundlegender Schritt zur Beseitigung des langjährigen Fehlverhaltens des Unternehmens ist ein Wechsel auf der Führungsebene."
ITF und ETF haben die Aktionär/innen von Ryanair in einem Schreiben dazu aufgefordert, auf der Jahreshauptversammlung am 20. September 2018 gegen die Wiederwahl von David Bonderman als Verwaltungsratschef zu stimmen. Das Schreiben kann hier eingesehen werden.
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