Die ITF-Sektion Eisenbahn unterstützt die Forderung britischer Gewerkschaften an die Regierung, noch weiter zu gehen. Großbritannien muss sein fehlgeschlagenes, seit 26 Jahren währendes Experiment mit der Bahnprivatisierung beenden und alle Franchise-Unternehmen im Schienenverkehr ein für alle Mal wieder der öffentlichen Hand übereignen.
In vielen Ländern wurden die Privatisierung und Restrukturierung des Schienenverkehrs in den letzten zehn Jahren weiter zügig vorangetrieben. Verkehrsgewerkschaften in der ganzen Welt stellen infolgedessen fast ausnahmslos eine gravierende Verschlechterung der Beschäftigungsbedingungen fest. Erwiesenermaßen haben sich auch die Qualität und Zuverlässigkeit der Dienste verschlechtert. Das ist darauf zurückzuführen, dass man die Gewinnabsicht an die Stelle des grundlegenden Ethos des öffentlichen Sektors treten ließ, dem gesellschaftlichen Bedürfnis zu dienen.
Unseren Erfahrungen nach führen die Privatisierung, Liberalisierung und Fragmentierung der Eisenbahn zu Angriffen auf Bahnsicherheit, Beschäftigungsbedingungen, Renten, Kollektivverhandlungen und demokratischer Rechenschaftspflicht. Eine weitere Folge sind teurere, weniger effiziente Bahnsysteme, bei denen der Profit vor den Bedürfnissen der Gemeinschaft steht. Auf ihrem letzten Kongress im Jahr 2018 bekräftigte die ITF das Engagement der Sektionskonferenz Eisenbahn im Jahr 2016, die Privatisierung zu beenden und die Eisenbahn wieder unter öffentliche Kontrolle zu bringen.
Dazu der Vorsitzende der ITF-Sektion Eisenbahn David Gobé: "Die Eisenbahn muss neu erfunden werden, um den Herausforderungen unseres Jahrhunderts zu begegnen, sowohl im Hinblick auf die Bedürfnisse der Fahrgäste als auch auf die Gewährleistung von Beschäftigungsbedingungen, die des 21. Jahrhunderts würdig sind. Die britischen Beschäftigten verfügen über das Know-how und haben nun die einmalige Gelegenheit, die Eisenbahnen des Landes nach schlimmsten Erfahrungen mit der Privatisierung wiederzubeleben. Der Weg der Verstaatlichung liegt klar vor uns, er ist notwendig und kann verfolgt werden, indem politische Repräsentanten, Gewerkschaften, Beschäftigte und Arbeitgeber einbezogen werden."
Gut geplante Schienennetze in öffentlicher Hand, die durch demokratische Strukturen der Öffentlichkeit gegenüber rechenschaftspflichtig sind, bieten die beste Möglichkeit zur Entwicklung und Stärkung öffentlicher Verkehrssysteme. Die ITF weiß außerdem, dass angemessen finanzierte, öffentlich betriebene Verkehrssysteme die besten Voraussetzungen für gute und stabile Beschäftigungsverhältnisse bieten. Nur der öffentlichen Hand und demokratischer Kontrolle unterstehende Bahnen können ihren wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Nutzen gewährleisten.
Wir sind nicht nur Verkehrsbeschäftigte, sondern vor allem auch Nutzer von Verkehrssystemen, genauso wie unsere Partner, unsere Kinder, unsere Familien und unsere Freunde. Die Notwendigkeit staatlicher Rettungspakete in der Covid-19-Krise hat ein weiteres Mal bewiesen, dass Privatunternehmen in einem zukunftsfähigen Eisenbahnsektor keinen Platz haben. Wir können nicht tolerieren, dass Bahnprofite privatisiert und Verluste verstaatlicht werden.
In Anbetracht der Tatsache, dass Eisenbahnen ein wichtiger Bestandteil der Infrastruktur eines Landes sind und ein natürliches Monopol darstellen, sollten sie öffentliches Eigentum und staatlich betrieben sein, damit in Krisen wie in ruhigen Zeiten hochwertige Dienstleistungen gewährleistet werden. Ihr Zweck sollte es sein, der Gesellschaft einen erschwinglichen Personenverkehrsdienst von hoher Qualität und Industrie und Handel ein schnelles und effizientes Güterverkehrssystem zu bieten. In einem so unverzichtbaren Sektor müssen Menschen stets vor Profite gestellt werden.
David Gobé, Vorsitzender der ITF-Sektion Eisenbahn
Noel Coard, Sekretär der ITF-Binnenverkehrssektion
Alana Dave, ITF-Beauftragte für öffentlichen Personennahverkehr