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Internationale Konferenz der Fischereiwirtschaft nimmt in neuer Agenda Einzelhändler und Verbraucher in den Blickpunkt

NACHRICHTEN Presseerklärung

Die Gewerkschaften von mehr als 129.000 Fischereibeschäftigten kommen in den nächsten beiden Tagen in Amsterdam (Niederlande) zusammen, um ihre Agenda für die Förderung der Rechte, der Sicherheit und der Arbeitsbedingungen von Fischereibeschäftigten festzulegen.

An der Sektionskonferenz Fischereiwirtschaft der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF) nehmen 89 Fischereigewerkschaften aus 59 Ländern sowie Aktivist*innen von Netzwerken für die Rechte von Fischereibeschäftigten und führende Wissenschaftler*innen teil, um Fortschritte zu bewerten und Maßnahmen für die nächsten fünf Jahre zu entwickeln.

"Die Fischereiwirtschaft ist nach wie vor ein Sektor, in dem die grundlegenden Arbeitsrechte der Beschäftigten mit Füßen getreten werden, insbesondere derer im oder aus dem globalen Süden," erklärte der Vorsitzende der Sektion Fischereiwirtschaft Johnny Hansen.

Die Branche ist nach wie vor einer der ausbeuterischsten Wirtschaftszweige der Welt.

  • Nach Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) vom September sitzen 128.000 Fischereibeschäftigte in einer Situation der Zwangsarbeit an Bord von Fangschiffen fest
  • Jahr für Jahr kommen mindestens 24.000 Fischereibeschäftigte bei der Arbeit ums Leben und zahlreiche weitere erleiden schwere Verletzungen, so die Schätzungen des Sonderberichterstatters des UN-Menschenrechtsrates für das Recht auf Nahrung. 
  • Obwohl zugewanderte Fischereibeschäftigte 55 Prozent der Arbeitskräfte in Großbritannien ausmachen, arbeiten sie länger und für weniger Geld als einheimische Beschäftigte und trauen sich nicht, ihre Stimme zu erheben, obwohl 35 Prozent von ihnen von Gewalterfahrungen am Arbeitsplatz berichten. Diese rechtliche Ungleichbehandlung von zugewanderten Fischereibeschäftigten gegenüber einheimischen Arbeitnehmer*innen ist weltweit gang und gäbe.

"Infolge der immer größer werdenden Fangflotten, insbesondere in China, unverantwortlicher Fischereipraktiken und des zunehmenden Drucks zur Kostensenkung in den Lieferketten hat sich die Ausbeutung von Fischereibeschäftigten in alle Teile der Welt ausgebreitet," so Hansen.

Laut Hansen, der im Jahr 1982 als Fischer in der Branche anfing, haben Regierungen weltweit es zugelassen, dass Unternehmen unkontrolliert miteinander konkurrieren, ohne dass die Beschäftigten in ihren Lieferketten ausreichend geschützt wären.

"Regierungen setzen sich über Arbeitsschutzbestimmungen hinweg, um Wettbewerb zu fördern und zu verstärken. Statt die grundlegenden Arbeitsrechte der Fischereibeschäftigten zu schützen, lassen sie Praktiken zu, die den Unternehmen die kostengünstigere Vermarktung ihrer Produkte auf Kosten der Beschäftigten ermöglichen, und höhlen damit ohnehin schon schwache und Ausbeutung begünstigende Arbeitsnormen aus."

"Aus diesem Grund hat sich der Fokus unserer Agenda verlagert. Es kann sich nur etwas ändern, wenn der Einfluss der Beschäftigten entlang der Lieferketten gestärkt und alle Akteure, einschließlich Regierungen, Hersteller von Fischereierzeugnissen und Einzelhändler, vom obersten bis zum untersten Glied der Fischereilieferketten für die Einhaltung der Arbeitsnormen zur Verantwortung gezogen werden," so Hansen.

Die Konferenz fällt in eine Zeit, wo Verantwortung in der Lieferkette für eine neue Generation ethisch orientierter Verbraucher*innen immer wichtiger wird und viele Regierungen Gesetze und Rechtsvorschriften zu Rechenschaftspflicht, Transparenz und menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht stärken.

Johnny Hansen, Vorsitzender der ITF-Sektion Fischereiwirtschaft, fing 1982 als Fischer in der Branche an. | (Bildquelle: Norsk Sjømannsforbund)

Globale Solidarität

Die Delegierten in Amsterdam werden über die zentralen Maßnahmen informiert werden, die die ITF und die ihr angeschlossenen Gewerkschaften weltweit ergreifen, um Rechtsvorschriften zum Schutz der Fischereibeschäftigten durchzusetzen. In Zusammenarbeit mit Beschäftigten des Sektors in Südostasien, Westafrika, Großbritannien und Irland unterstützen die ITF und ihre Partnerorganisationen die Gründung von Netzwerken für die Rechte der Fischereibeschäftigten als Ausgangsbasis für den Aufbau eigener unabhängiger Gewerkschaften.

"Von den Vermittlungsagenten bis zu den Reedern – es gibt so viele, die versuchen, Fischereibeschäftigte zu betrügen. Wir setzen uns für die Gleichbehandlung aller Fischereibeschäftigten ein, die Irland ihre Heimat nennen," erklärte Konferenzteilnehmer Noel Addablah, der aufgrund des Versprechens menschenwürdiger Arbeit und guter Bezahlung aus Ghana nach Irland kam, um stattdessen eine von Missbrauch, Rassismus und ausbeuterischen Bedingungen geprägte Branche vorzufinden.

Noel Addablah schloss sich dem von der ITF unterstützten Netzwerk für die Rechte der Fischereibeschäftigte an, nachdem er im Jahr 2018 als Fischer aus Ghana nach Irland zuwanderte. Was er dort fand, war eine von Missbrauch, Rassismus und ausbeuterischen Bedingungen geprägte Branche. | (Bildquelle: ITF)

Auf der Konferenz werden wichtige Meilensteine der letzten Zeit im globalen Kampf für menschenwürdige Arbeit gewürdigt:

  • In Irland führten fast zehn Jahre Kampagnenarbeit der ITF für die Rechte der Fischereibeschäftigten zur Aufhebung des zutiefst umstrittenen "Atypical Work Permit Scheme", auf dessen Grundlage ausländische Arbeitskräfte in den Fischereisektor des Landes angeheuert wurden. Die irische Gesetzgebung wird den Aufenthaltsstatus von Fischereibeschäftigten nicht mehr an ihre dauerhafte Beschäftigung bei einem Schiffseigner binden und stattdessen zu Visaverfahren übergehen, die Wanderarbeitnehmer*innen dieselben rechtlichen Schutzmechanismen wie irischen Staatsangehörigen gewähren und einen Weg zu ihrer Einbürgerung öffnen. 
  • In Thailand hat die ITF Tausende von burmesischen und kambodschanischen Fischereibeschäftigten dabei unterstützt, das Netzwerk für die Rechte von Fischereibeschäftigten zu gründen und aufzubauen. Das Netzwerk hat Fischereibeschäftigte dazu mobilisiert, für ihre Rechte einzutreten, indem sie mit Anbietern und Schiffseignern Arbeitsschutzverträge und Vereinbarungen für die Lieferketten in der Fisch- und Meeresfrüchteindustrie aushandeln. Aufgrund der Bemühungen der ITF für den Aufbau einer demokratischen Gewerkschaft für Fischereibeschäftigte in Thailand und des Drucks von Partnerorganisationen in der Region sah sich Thailand im Januar 2019 dazu gezwungen, als erstes asiatisches Land das Übereinkommen 188 zu ratifizieren.

Die ITF fordert die wichtigen Fischereinationen Indonesien und Philippinen sowie Côte d'Ivoire und Ghana nachdrücklich zur umgehenden Ratifizierung des IAO-Übereinkommens 188 auf, des internationalen Regelwerks, das die Rechte und menschenwürdige Beschäftigungsbedingungen der Fischereibeschäftigten schützt. Neben der Festlegung von Mindestbeschäftigungsbedingungen legt das Übereinkommen die grundlegenden Bürger- und Arbeitsrechte der Fischereibeschäftigten dar – einschließlich des Rechts auf Gewerkschaftsgründung und -mitgliedschaft. Ohne seine Ratifizierung und Umsetzung können Regierungen weiter die Augen vor der anhaltenden Ausbeutung von Fischereibeschäftigten in ihren eigenen Ländern und im Ausland verschließen.

Bei den 20 Regierungen, die das Übereinkommen 188 bereits ratifiziert haben, wird die ITF darauf drängen, dass sie ihre Verpflichtung zur wirksamen Anwendung und Durchsetzung von Gesetzen zum Schutz der Beschäftigten in ihrem Fischereisektor erfüllen. Die der ITF angeschlossenen Fischereigewerkschaften werden sich weiter für die bedingungslose Unterstützung der grundlegenden Gewerkschaftsrechte von Fischereibeschäftigten einsetzen, einschließlich des Rechts auf Vereinigungsfreiheit und des Rechts auf Kollektivverhandlungen über Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen – unabhängig von ihrer Nationalität und ihrem Aufenthaltsstatus. Dazu gehört auch, Länder wie Thailand unter Druck zu setzen, die IAO-Übereinkommen 87 und 98 zu ratifizieren, in denen die Rechte auf Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen verankert sind.

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Titelbild: Fischereibeschäftigter Christopher Kwesi (links), mit einem Kollegen bei der Arbeit in Nordirland. (Bildquelle: Marley Monacello, CIW)

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