Dank eines von der Gewerkschaft 3F Transport errungenen Kollektivvertrags werden die Kurierfahrer*innen im Dienst des dänischen Online-E-Commerce-Händlers nemlig.com deutlich verbesserte Löhne und Beschäftigungsbedingungen erhalten.
Er bildet den krönenden Abschluss einer harten Kampagne der Mitgliedsorganisation der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF) gegen die Ausbeutung von Beschäftigten bei Last-Mile-Lieferdiensten, die Teil einer weltweiten Gewerkschaftsinitiative ist, Geschäftsmodelle im Bereich neuer Technologien in Einklang mit fairen Arbeitsbedingungen zu bringen.
“Wir gratulieren der 3F zu diesem gewaltigen Fortschritt,” erklärte ITF-Generalsekretär Stephen Cotton. “Es war ein harter Kampf, menschenwürdige Löhne und Bedingungen für das Fahrpersonal bei nemlig.com durchzusetzen. Dies ist ein Meilenstein im Einsatz der ITF und ihrer Mitgliedsorganisation gegen die Ausbeutung von Beschäftigten in der Gig-Economy im Stil von Amazon.”
Der Vertrag sieht für das Fahrpersonal einen Mindeststundenlohn von 20,30 Euro, eine Rente (mit einem Arbeitgeberbeitrag von 8 Prozent), Überstundenbezahlung und Anspruch auf Pausen, Urlaub sowie bezahlten Krankheits-, Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub vor. Damit sind sie in Bezug auf ihre Beschäftigungsbedingungen mit anderen in Dänemark tätigen gewerkschaftlich organisierten Fahrer*innen gleichgestellt, erklärte die 3F.
Angestellte und keine Auftragnehmer
Die Praxis, Fahrer*innen statt als Angestellte als Auftragnehmer*innen einzustufen und ihnen auf diese Weise angemessene Löhne und grundlegende Rechte vorzuenthalten, ist bei Unternehmen im Bereich neuer Technologien weit verbreitet und weltweit Auslöser von Gewerkschaftskämpfen. Für das Fahrpersonal bei nemlig.com endete dieser Kampf mit dem neuen Vertrag. In zwei Jahren harter Verhandlungen geriet der Einzelhändler wegen seiner schlechten Praktiken in die Negativschlagzeilen, und die Forderung der dänischen Gewerkschaft nach menschenwürdigen Bedingungen für das Lieferpersonal erhielt große öffentliche Unterstützung.
Laut Vertrag wird nemlig.com ab Juni erstmals Fahrer*innen direkt einstellen. Das Unternehmen darf zwar weiterhin Auftragnehmer in Anspruch nehmen, unterbeauftragte Fahrer*innen müssen aber die gleiche Bezahlung erhalten, wie im Vertrag zwischen nemlig.com und 3F Transport vorgesehen.
“Ich bin froh und sehr zufrieden mit dem Vertrag,” sagte Jan Villadsen, der Vorsitzende der 3F Transport. “Er entspricht dem Niveau anderer Vereinbarungen innerhalb des Sektors und enthält dieselben Rechte wie sie allen anderen Fahrer*innen in Dänemark zustehen, für die ein von der 3F abgeschlossener Kollektivvertrag gilt. Das zeigt, dass es möglich ist, neue Geschäftsmodelle mit einem Kollektivvertrag abzudecken. Und es zeigt, dass Gewerkschaften und Kollektivverträge zur Zukunft der Arbeit gehören.”
Villadsen dankte der ITF, der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) und anderen Gewerkschaften aus ganz Europa für ihre Unterstützung während der nemlig.com-Kampagne.
“Zu viele Unternehmen, darunter auch Amazon und Seinesgleichen, denken, dass sie geschäftliche Effizienz oder Flexibilität erreicht haben. Dabei tun sie nichts anderes, als Menschen auszubeuten,” erklärte Cotton. “Dieser Vertrag und vergleichbare andere Vereinbarungen zeigen, dass moderne Unternehmen de facto davon profitieren, wenn sie ihren Beschäftigten Wertschätzung entgegenbringen.”