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"Fischereibeschäftigte haben weniger Rechte als Fische": Fehlende Ratifizierung des IAO-Übereinkommens 188 nimmt irischen Behörden jegliche Handhabe gegen Arbeitsrechtsverletzungen

NACHRICHTEN Presseerklärung

Die jüngste Arrestierung und Beschlagnahme eines unter deutscher Flagge fahrenden spanischen Fangschiffs durch die irische Küstenwache und die anschließende Anklage gegen den Kapitän wegen zwölf mutmaßlicher Verstöße gegen Fischereivorschriften zeigen, dass die irischen Gesetze Fische besser schützen als zugewanderte Fischereibeschäftigte an Bord von unter ausländischer Flagge fahrenden Schiffen, die in irischen Gewässern operieren.

Michael O'Brien, der Leiter der Kampagne der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF) im irischen Fischereisektor, erklärte, die Arrestierung der Pesorsa Dos (IMO 7360930) habe sowohl in Irland wie auch in Spanien zu Recht Aufsehen erregt, aber den Rechten und dem Wohlergehen der indonesischen Besatzungsmitglieder werde nur wenig Beachtung geschenkt. 

"Diese Episode zeigt, dass der irische Staat zwar sorgsam darauf achtet, seine Fischbestände und deren Wohlergehen zu schützen, aber dem Wohlergehen der Fischereibeschäftigten an Bord von ausländisch beflaggten Schiffen, die in irischen Gewässern verkehren, nicht dieselbe Sorge zuteilwerden lässt," so O'Brien. 

"Wäre es so, hätte Irland längst das Übereinkommen 188 der Internationalen Arbeitsorganisation über die Arbeit in der Fischereiwirtschaft aus dem Jahr 2007 ratifiziert, um sicherzustellen, dass irische Beamte die notwendige Befugnis haben, zu verhindern, dass ausbeuterische Fischereibetreiber durch das Regulierungsnetz schlüpfen, wenn, wie gerade der Fall ist, Arbeitsrechtsverletzungen zutage kommen." 

Der Leiter der ITF-Kampagne im irischen Fischereisektor Michael O'Brien | (Bildquelle: ITF)

Keine Heuern seit Dezember, doppelte Personalakten  

"Mehrere indonesische Besatzungsmitglieder auf der Pesorsa Dos haben sich im Verlauf der letzten Wochen bei mir gemeldet," berichtete O'Brien. "Sie sagen, dass ihnen seit Dezember keine Heuern ausgezahlt wurden."

"In der letzten Woche haben sie herausgefunden, dass ihr Arbeitgeber für jedes Besatzungsmitglied zwei Heuerverträge in den Akten hat," so der Kampagnenbeauftragte.

"Eine Ausfertigung des Vertrags ist offenbar für die Behörden in Deutschland bestimmt, wo das Schiff registriert ist, und sieht bessere Bedingungen vor, die deutschem Recht entsprechen. Diese Verträge unterscheiden sich aber von denen, die den Fischereibeschäftigten selbst ausgehändigt wurden. Mir wurden bereits zwei Beispiele solcher 'Doppelverträge' zugesandt." 

"Bei einem der Doppelverträge sieht die 'offizielle' Version, die den deutschen Behörden vorgelegt wurde, eine Heuer von 2.000 Euro im Monat vor, aber im tatsächlichen Vertrag, der dem Fischereibeschäftigten gegeben wurde, ist eine Monatsheuer von nur 1.000 netto angegeben."

"Ein Besatzungsmitglied wurde heute Morgen auf eigenen Wunsch nach Indonesien heimgeschafft. Er hat jedoch, seitdem er im Dezember an Bord kam, keinen Cent erhalten. Ich habe den Fall sofort Conway Solicitors, der Rechtsvertretung der spanischen Reeder in Irland, zur Kenntnis gebracht. Bis jetzt habe ich keine Antwort erhalten," so O'Brien.

Peinliches Abschieben der Zuständigkeit auf andere Regierungen bringt Fischereibeschäftigte in Bedrängnis: Warum Irland das Übereinkommen 188 unbedingt ratifizieren muss 

O'Brien zufolge haben die irischen Behörden aufgrund der Tatsache, dass Irland das IAO-Übereinkommen 188 über die Arbeit in der Fischereiwirtschaft nicht ratifiziert hat, nur wenig Handhabe, auf Beschwerden von Fischereibeschäftigten auf Schiffen unter ausländischen Flaggen zu reagieren.

"Es bleibt uns nichts anderes übrig, als uns an unsere ITF-Kolleginnen und Kollegen in Spanien, das das Übereinkommen ratifiziert hat, und Deutschland zu wenden, um die dortigen Behörden zu bitten, tätig zu werden."   

Vor zwei Tagen erst hätte die irische Küstenwache ein weiteres unter deutscher Flagge fahrendes spanisches Schiff mit einer indonesischen Besatzung arrestiert – die Ortegal Tres, berichtete O'Brien. Es handle sich um die dritte Arrestierung dieses Schiffes in etwas mehr als einem Jahr. Bei den vorherigen Arrestierungen habe die ITF ebenfalls deutsche Kolleg*innen darum bitten müssen, Problemen in Bezug auf Heuern und Verträge nachzugehen, die in Irland ans Licht kamen.

"Es ist peinlich, dass sich Irland de facto auf andere Regierungen stützen muss, um Fischereibeschäftigte zu schützen, deren Rechte in irischen Hoheitsgewässern verletzt wurden. Solche Fälle werden sich immer wieder wiederholen, bis Irland seinen internationalen Verpflichtungen nachkommt. Der erste Schritt besteht in der Ratifizierung des Übereinkommens 188 und seiner ordnungsgemäßen Durchsetzung," so O'Brien. 

Hinweise:

  • Das Titelfoto zeigt irische Vollzugsbeamte bei einer früheren Arrestierung der Pesorsa Dos (Bildquelle: Irische Küstenwache, 2020)

Über die ITF: Die Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF) ist ein demokratischer, von Mitgliedern getragener Zusammenschluss und als die weltweit führende Institution mit Zuständigkeit für den Verkehrssektor anerkannt. Wir kämpfen engagiert für die Verbesserung des Arbeitslebens und vernetzen Gewerkschaften aus 140 Ländern miteinander, um Rechte, Gleichheit und Gerechtigkeit für ihre Mitglieder zu sichern. Wir sind Sprachrohr für fast 20 Millionen erwerbstätige Frauen und Männer im Verkehrssektor weltweit. FORSA, SIPTU und Unite the Union sind Mitgliedsorganisationen der ITF in der Republik Irland. 

Medienkontakt: Michael O'Brien | o'brien_michael@itf.org.uk | (+3538) 72 400 331 

 

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