- Die Internationale Transportarbeiter-Föderation und die Europäische Transportarbeiter-Föderation, die 20 Millionen Verkehrsbeschäftigte rund um den Globus vertreten, verurteilen das harte Vorgehen der tunesischen Regierung gegen Gewerkschaften.
- Der Angriff, bei dem führende Gewerkschaftsmitglieder verhaftet und inhaftiert wurden, war eine Reaktion auf beispiellose Proteste gegen die Machtergreifung durch Präsident Kais Saied.
- Die Gewerkschaften kritisieren auch die Ausweisung der Generalsekretärin des Europäischen Gewerkschaftsbunds Esther Lynch durch die tunesische Regierung.
Gewerkschaften, die 20 Millionen Verkehrsbeschäftigte in der ganzen Welt vertreten, verurteilen die brutale Unterdrückung von Gewerkschafts- und Bürgerrechten, bei der gewerkschaftliche Führungskräfte, Politiker*innen und Journalist*innen verhaftet und inhaftiert wurden. Führende Gewerkschaftsmitglieder beschuldigen Präsident Saied, Andersdenkende zum Schweigen bringen zu wollen, um von seiner Schuld an den wirtschaftlichen Problemen des Landes abzulenken.
Stephen Cotton, Generalsekretär der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF), hat die Freilassung der verhafteten Gewerkschaftsmitglieder und die Beendigung der "autokratischen Machtübernahme" von Präsident Saied gefordert. "Wir fordern die sofortige Freilassung aller inhaftierten Gewerkschafts- und Oppositionsführer*innen und appellieren an die tunesische Regierung, mit den Gewerkschaften in einen konstruktiven und aufrichtigen Dialog über den weiteren Weg des Landes einzutreten."
"Feigling Saied, die Gewerkschaft hat keine Angst."
Führende Mitglieder der der ITF angeschlossenen Fédération Nationale des Transports (FNT) wurden verfolgt, nachdem die Gewerkschaft wegen der Nichteinhaltung von Kollektivverträgen durch die Regierung legale Streikmaßnahmen ergriffen hatte. FNT-Vorsitzende wurden von der Polizei zum Verhör vorgeladen, einige von ihnen wurden über 12 Stunden lang vernommen. Die Polizei hat nun neue Vorladungen für den 24. Februar ausgestellt.
Die ITF schließt sich der Forderung nach sofortiger Freilassung von Anis Kaabi, dem Generalsekretär der Gewerkschaft der Straßenarbeiter in Tunesien an, der am 1. Februar verhaftet wurde.
"Derartige Unterdrückung und Schikanen zeigen, dass die Regierung Saied keinerlei Achtung vor den grundlegenden Rechten der Beschäftigten auf Streik, Protest und Meinungsfreiheit hat," so Cotton. "In dieser Woche werden ITF-Gewerkschaften aus der arabischen Welt in Oran (Algerien) zusammentreffen, um gemeinsam darüber zu beraten, wie wir unsere tunesischen Mitgliedsorganisationen unterstützen können."
Mitglieder der Union Générale de Travailleurs Tunisiens (UGTT) trotzten ebenfalls den gegen ihr Streik- und Protestrecht verstoßenden Drohungen und Verboten, indem sie die größten Proteste anführten, die das Land seit der Revolution im Jahr 2011 gesehen hat, und mit landesweiten Streiks das gesamte Land lahmlegten.
Das tunesische Parlament wurde 2021 aufgelöst. Vor kurzem ermächtigte sich der Präsident selbst, Richter einseitig zu entlassen, und entließ kurz danach 57 Mitglieder der Justizbehörden. Dieser Schritt wurde von Amnesty International als "Hammerschlag gegen die Unabhängigkeit der Justiz" verurteilt.
"Präsident Saied führt sein Land in Autokratie und Totalitarismus. Indessen leidet die einfache erwerbstätige tunesische Bevölkerung unter den Folgen seiner gescheiterten Wirtschaftspolitik," erklärte ITF-Präsident Paddy Crumlin. "Mit seinem autokratischen und drakonischen Vorgehen versucht er, Andersdenkende auszuschalten, um sich selbst zu schützen, aber dieser gefährliche Angriff auf demokratische Grundrechte ist keine Lösung für das Elend im Land."
"Man kann die wirtschaftlichen Probleme eines Landes nicht beheben, indem man ausgerechnet diejenigen angreift, die die Wirtschaft am Laufen halten. Gewerkschaften und Beschäftigte wissen besser als alle anderen, was zu tun ist. Dieses Vorgehen von Präsident Saied verbessert die Lage nicht, sondern verschlimmert sie nur, und wir appellieren an die tunesische Regierung, einen anderen Kurs einzuschlagen."
In einem von vielen als Eskalation der Repressalien angesehenen Schritt verwiesen die tunesischen Behörden Esther Lynch, Generalsekretärin des Europäischen Gewerkschaftsbunds, des Landes, als sie eine Rede vor einer von der UGTT ausgerufenen Protestkundgebung hielt.
"In allen Krisen müssen die Stimmen der Beschäftigten Teil der Lösung sein. Anstatt diesen Stimmen Gehör zu schenken, greift Präsident Saied sie an. Aber dieser undemokratische und fehlgeleitete Angriff auf die Beschäftigten wird die Situation nur schlimmer machen," so Livia Spera, Generalsekretärin der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF), die sich der internationalen Kritik an der Regierung Saied anschloss.
"Die Lage der erwerbstätigen Bevölkerung Tunesiens wird immer untragbarer. Freie und demokratische Gewerkschaften werden jetzt mehr denn je gebraucht. Die Ausweisung einer internationalen Gewerkschafterin ist kurzsichtig und wird nur noch mehr internationale Aufmerksamkeit auf die undemokratischen Versuche des Präsidenten lenken, die Macht zu ergreifen, und weitere Unterstützung von Gewerkschaften in Europa und weltweit aktivieren."
ETF-Präsident Frank Moreels forderte heute ein sofortiges Ende der Unterdrückung von tunesischen Gewerkschaftsvorsitzenden: "Die Ausweisung der führenden Vertreterin der europäischen Gewerkschaftsbewegung zeigt, wie ernst die Lage in Tunesien ist. Gewerkschaften gehören nur allzu oft zu den Zielscheiben undemokratischer Regierungen, und deshalb ist es so wichtig, dass wir unseren Kolleginnen und Kollegen in Tunesien zur Seite stehen. Und es besteht kein Zweifel, dass wir das tun werden."