Ohne Ruder, Nahrung, Wasser, Strom, Licht, Wi-Fi, Kühlgeräte und Sicherheitsbeleuchtung sitzen 15 Seeleute auf einem Schiff fest, dass in der Manilabucht (Philippinen) vor Anker liegt. Ihrem Schicksal überlassen an Bord der unter spanischer Flagge fahrenden MV Celanova (IMO 9268394).
Über Mobiltelefone mit fast entladenen Akkus sandte die Besatzung, die 13 Seemeilen vor der Küste festsitzt, Hilferufe aus, da Brennstoff und Dieselöl sowie die für die Seeleute überlebenswichtigen Vorräte an Lebensmitteln, frischem Wasser und Medikamenten knapp werden.
"Wir sind stark, aber auch erschöpft. Außerdem schlechtes Wetter und nichts was wir tun könnten, wenn das Schiff vor Anker treibt," schrieb Pedro am Sonntag, den 10. Mai, in einer SMS an die Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF). "Ich hoffe, dass das am Montag vorbei ist und wir in der nächsten Woche anlegen können. Unter den jetzigen Umständen ist unsere Lage sehr gefährlich. Bis Montag können wir überleben."
In einer früheren E-Mail hatte ein Crewmitglied die ITF gefragt, wann sie frische Lebensmittel an Bord bekommen könnten. "Wir essen jetzt Sachen, von denen wir vor drei Monaten nie gedacht hätten, dass wir sie essen müssten," schrieb sie.
"Seit ich am 21. Februar zum ersten Mal von dem Fall erfuhr, erhielten wir Tausende von WhatsApp-Nachrichten," so die spanische ITF-Koordinatorin Luz Baz. "Ich bin täglich mit ihnen in Kontakt. Aber jetzt hat das Schiff einen totalen Stromausfall."
Die Besatzungsmitglieder schlafen an Deck, weil es keine Klimaanlage gibt. Aber Sonntagnacht mussten sie wegen stürmischen Wetters unter Deck Schutz suchen, berichtete Baz.
Die MV Celanova mit 7.600 Bruttoregistertonnen ist ein unter spanischer Flagge fahrender LPG-Tanker im Eigentum von GLOBALGAS SA, Madrid (Spanien). Das Unternehmen hat der Besatzung seit Monaten keine Heuern ausbezahlt, sodass sie nun um lebenswichtige Vorräte betteln muss.
Alarmierenderweise musste der LPG-Tanker am 7. März seine gefährliche Ladung an Butadiengas auf ein anderes Schiff umladen, da der zur Kühlung des Gases benötigte Bunkertreibstoff ausging.
Am 7. Dezember verlor der Tanker vor der philippinischen Küste sein Ruder und wurde manövrierunfähig. Zehn Tage später wurde das Schiff zum Ankern in die Manilabucht geschleppt.
Nach der Benachrichtigung durch die ITF arrestierte die philippinische Hafenstaatkontrolle das Schiff am 14. Februar, nachdem Behörden wegen der Nichtauszahlung von Heuern einen Verstoß gegen das Seearbeitsübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) festgestellt hatten.
Die ITF appelliert mit Nachdruck an die philippinischen Behörden, das Schiff in den Hafen zu lassen, um Hilfeleistungen des Flaggenstaats und der Schiffsversicherung zu ermöglichen.
Örtliche Behörden haben grünes Licht gegeben, aber nur unter der Bedingung, dass längsseits des Schiffs ein Schleppboot bereitliegt, während es im Hafen liegt.
"Ich arbeite seit über 14 Jahren als ITF-Inspektorin und hatte mit vielen zurückgelassenen Schiffen zu tun. Aber dies ist das erste Mal, dass jemand von einer Crew verlangt, Schleppermiete zu bezahlen," so Baz.
"Das Schiff muss in einem Hafen liegen. Die Crew kann den Motor nicht starten. Es muss etwas geschehen. Die Besatzungsmitglieder sind verzweifelt. Sie brauchen Treibstoff, frisches Wasser, Lebensmittel, Medikamente und Sicherheitsausrüstung," erklärte sie.
Manche der spanischen und karibischen Crewmitglieder sind seit August an Bord, andere seit November.
Die Notlage der Seeleute wird noch zusätzlich verschlimmert durch die Tatsache, dass die spanische Hypothekenbank ABANCA dem Vernehmen nach Versuche vereitelt, das Schiff zum Abbau der Schuldenlast des Eigentümers zu verkaufen.
In einem Schreiben an die Schifffahrtsbehörde in Manila warnte Baz, dass das Schiff und seine Besatzung in großer Gefahr seien, falls der Anker driftet, an Bord ein Feuer ausbricht oder sich ein Unfall ereignet, da es nicht mehr manövrierfähig sei.
"Die Situation hat massive Auswirkungen auf die Sicherheit und Gesundheit der Besatzungsmitglieder. Sie sind nach monatelangem extremem Stress völlig erschöpft," so Baz in dem Schreiben.
Obwohl die Philippinen das Seearbeitsübereinkommen unterzeichnet haben, das von Regierungen verlangt, die Heimschaffung zurückgelassener Seeleute zu ermöglichen, wurde noch nichts unternommen.
Die Notlage hat sich durch die Covid-19-Pandemie noch weiter verschärft.
Dem IAO-Meldebericht über die Zurücklassung des Schiffes zufolge besteht Kontakt zum Schiffseigner und es wurden Anweisungen für die Versorgung mit Lebensmitteln und Treibstoff erteilt.
Vom 27. Februar bis zum 2. März war laut Bericht ein Flaggenstaat-Besichtiger an Bord des Schiffs, um sich ein Bild von der tatsächlichen Situation zu machen. Die spanische Seeverkehrsverwaltung bemüht sich mit allen beteiligten Parteien, einschließlich der ITF, unter Hochdruck um die Heimschaffung der Crewmitglieder.
Wie dem Bericht ferner zu entnehmen ist, hat die spanische Regierung Kontakt zur philippinischen Regierung aufgenommen und darum gebeten, dass das Schiff in einem sicheren Hafen anlegen kann.
Der Schiffskapitän Rolando Garcia Alarcon wies die IAO darauf hin, dass das Schiff gravierende technische Mängel aufweise. Er bat um die Anlegeerlaubnis aus humanitären und Sicherheitsgründen und verwies darauf, dass das Schiff weder Ruder, Treibstoff noch Beleuchtung habe. Er meldete ferner, dass Schiffsketten und Anker beschädigt seien. Abfälle an Deck gefährdeten ferner die Gesundheit der Besatzung stellten eine Brandgefahr dar, so der Kapitän.
Die ITF hat die Internationale Arbeitsorganisation in einem Schreiben um Intervention gebeten.
Für weitere Informationen steht Luke Menzies unter der Telefonnummer (+61433) 889 844 oder der E-Mail-Adresse media@itf.org.uk zur Verfügung.
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