In seiner Rede auf der Jahreskonferenz des Ausschusses für Arbeitnehmerkapital (Committee on Workers' capital - CWC) in San Francisco (USA) betonte Crumlin die Notwendigkeit eines Wechsels an der Führungsspitze der Billigfluggesellschaft. Am 20. September findet die Jahreshauptversammlung von Ryanair in Irland statt.
Crumlin erklärte: "Es ist klar, dass sich das Corporate-Governance-Modell von Ryanair ändern muss. Seit seiner Ankündigung, Gewerkschaften anzuerkennen sind neun Monate vergangen, in denen nur unbeständige und widersprüchliche Fortschritte zustande kamen. Während in einigen Ländern Anerkennungsvereinbarungen unterzeichnet wurden, sahen sich die Beschäftigten in anderen Ländern zu Arbeitskampfmaßnahmen gezwungen, um ihren Anliegen Gehör zu verschaffen. Ryanair verhält sich vollkommen paradox."
"Es ist die Aufgabe eines Verwaltungsratschefs, die Unternehmensleitung zur Verantwortung zu ziehen und auf Kurs zu halten. David Bonderman hingegen ist ein enger Freund des Vorstandsvorsitzenden und seit 22 Jahren im Amt. Auf der Vorstandsetage ist nicht einmal der Ansatz einer unabhängigen Kontrolle zu erkennen."
"Ryanair braucht einen Verwaltungsratschef, der im Interesse aller Akteure des Unternehmens – Beschäftigte, Passagiere und Investoren – handelt und sich nicht einfach nur einen gemütlichen Management-Club einrichtet. Das würde allen das Vertrauen geben, dass Ryanair den Übergang zu einem tragfähigen Unternehmensmodell schafft."
Im Ausschuss für Arbeitnehmerkapital sind Gewerkschaften und Gewerkschaftstreuhänder/innen aus aller Welt vertreten. Unter den Konferenzteilnehmer/innen befinden sich Treuhänder/innen einiger der weltgrößten Pensionsfonds, von denen mehrere an Ryanair beteiligt sind. Die ITF wird auch mit US-amerikanischen Investoren reden, die fast die Hälfte der Anteile an Ryanair halten.
Letzte Woche forderten die ITF und die Europäische Transportarbeiter-Föderation (ETF) die Aktionäre in einem Schreiben dazu auf, die Wiederwahl von David Bondermann abzulehnen und die Governance-Praktiken des Unternehmens auf den Prüfstand zu stellen. In den folgenden Tagen wurde dieser Appell von den Investorenberatergruppen Glass Lewis und ISS wiederholt, die sich beide für einen neuen Verwaltungsratschef aussprechen.
David Bondermann ist seit 1996 Verwaltungsratschef von Ryanair und verantwortlich für eine Unternehmenskultur, die seit zwei Jahrzehnten von extremer Gewerkschaftsfeindlichkeit geprägt ist. Die Kritik am Governance-Modell von Ryanair besteht schon seit langem, und mehrere Aktionäre stimmten schon früher gegen seine Wiederwahl. Dieses Jahr hat Ryanair ungewöhnliche Anstrengungen unternommen, um die Medien von seiner Jahreshauptversammlung auszuschließen. Offenbar befürchtet das Unternehmen das öffentliche Urteil, was zu seiner Abneigung gegenüber einer unabhängigen Kontrolle der Chefetage passt.
Morgen (12. September) werden in der ITF/ETF-Gewerkschaft ver.di organisierte Ryanair-Beschäftigte in Deutschland in den Streik treten. Dieser Ausstand ist ein weiteres deutliches Zeichen für die Unzufriedenheit der Beschäftigten und die Unfähigkeit des Unternehmens, einen tragfähigen sozialen Dialog zu entwickeln. Im Verlauf des Monats sind weitere umfassende Streiks in mehreren europäischen Ländern geplant.
Ende der Woche werden ITF-Präsident Crumlin und Vertreter/innen des Ausschusses für Arbeitnehmerkapital an der Jahreskonferenz der UN-Initiative "Principles for Responsible Investment" (Prinzipien für verantwortliches Investieren) teilnehmen, die ebenfalls in San Francisco stattfindet. Dort wird Crumlin die Aktionäre erneut zur Absetzung von Bonderman auffordern.
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