Am 15. Dezember 2017 gab Ryanair unter erheblichem Druck von Beschäftigten und Gewerkschaften und konfrontiert mit schwerwiegenden Vorbehalten gegenüber seinem Corporate-Governance-Modell und Wachstumshemmnissen bekannt, nun erstmals Gewerkschaften anzuerkennen. Heute gaben die Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF) und die Europäische Transportarbeiter-Föderation (ETF) einen Untersuchungsbericht über die seither erzielten Fortschritte und weiterhin bestehende Versäumnisse heraus.
Der Bericht mit dem Titel "A Year of Change?" (Ein Jahr des Wandels?) stellt fest, dass die Beschäftigten bei Ryanair zwar in manchen Bereichen Verbesserungen durchgesetzt haben, zeigt aber auch auf, dass viele Probleme, die im letzten Sommer wiederholt zu Arbeitskampfmaßnahmen führten, nach wie vor nicht gelöst sind. Ein entscheidender Punkt ist, dass mit Gewerkschaften in einigen Ländern zwar Anerkennungsverträge unterzeichnet wurden, sich aber für die große Mehrheit der Angestellten von Ryanair weder Bezahlung noch Beschäftigungsbedingungen verbessert haben.
Darüber hinaus geraten die Corporate-Governance-Praktiken des Unternehmens immer wieder in Kritik. Vor seiner Jahreshauptversammlung im September schlossen sich zahlreiche Anleger und Investorenberatergruppen der Forderung von ITF und ETF an, Verwaltungsratschef David Bonderman abzusetzen, der sich als unfähig erwies, die Geschäftsführung von Ryanair zur Verantwortung zu ziehen. Bonderman behielt zwar sein Amt, aber ein Drittel der Aktionäre stimmte entweder gegen ihn oder enthielt sich der Stimme.
Inzwischen stehen Ryanair und der Vorstandsvorsitzende Michael O'Leary in den Vereinigten Staaten unter der Anklage, Anleger/innen bezüglich der Lage der Arbeitsbeziehungen getäuscht zu haben, wodurch der Aktienkurs möglicherweise künstlich in die Höhe getrieben wurde. Trotz angeblicher Fortschritte wurden O'Leary erst letzte Woche in einer vom Internationalen Gewerkschaftsbund organisierten öffentlichen Abstimmung zum schlechtesten Arbeitgeber der Welt ernannt.
Dazu ITF-Generalsekretär Steve Cotton: "Ein Jahr nach der Ankündigung, Gewerkschaften anzuerkennen, will Ryanair der Öffentlichkeit weismachen, den Arbeitsfrieden hergestellt zu haben. Tatsächlich geht aus unserem Bericht hervor, dass zahlreiche Probleme, die Streiks auslösten, nach wie vor nicht gelöst sind."
"Wir stehen hinter den Beschäftigten und unseren Mitgliedsorganisationen, die für einen Richtungswechsel bei Ryanair gekämpft haben. Im Jahr 2019 wird der Kampf weitergehen, um Ryanair in ein nachhaltiges, gewerkschaftlich organisiertes Unternehmen zu verwandeln."
ETF-Generalsekretär Eduardo Chagas erklärte: "Es gibt wenige Unternehmen, die das europäische Sozialmodell stärker gefährden als Ryanair. Ich bin stolz darauf, dass unsere Bewegung diesem Unternehmen offensiv entgegentritt. Vor allem haben wir den Mantel des Schweigens über das unlautere Geschäftsmodell von Ryanair gelüftet, sodass die Beschäftigten nun ohne Angst darüber reden können."
"Konkrete Fortschritte zeichnen sich jedoch nur langsam ab. Die Unruhen der Beschäftigten werden erst enden, wenn Ryanair sich von seinen auf Sozialdumping, Ausbeutung und Gewerkschaftsfeindlichkeit beruhenden Praktiken abkehrt. Im Rahmen unserer 'Fair Transport'-Kampagne werden wir weiter alle Unternehmen ins Visier nehmen, die denken, dass für sie andere Regeln gelten als für allen anderen."
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