Als Vorwand für die Kündigungen führt das Unternehmen ins Feld, dass es sich verkleinern wolle, die Beschäftigten sich "unmoralisch und sittenwidrig verhalten" (nach türkischem Arbeitsgesetz ein Kündigungsgrund) und die Fahrer/innen ihre Lkws nicht gereinigt hätten. Die Beschäftigten haben jedoch eine Fülle von Belegen dafür, dass die Unternehmensleitung sie wegen ihres gewerkschaftlichen Engagements unter Druck setzt. So wird von einem Fall berichtet, in dem ein leitender Angestellter einem Gewerkschaftsmitglied mit einem Gewehr in der Hand drohte: "Wenn du nicht aufhörst, für die Gewerkschaft zu arbeiten, wirst du nirgends mehr eine Stelle finden".
Offenbar reagiert MEDLOG auf die zunehmend erfolgreiche Organisierung seiner Angestellten durch die der ITF angeschlossene Gewerkschaft NAKLİYAT İŞ. Die NAKLİYAT İŞ hat die gesetzlich erforderliche Anzahl von Mitgliedern für die Vertretungsberechtigung bei MEDLOG erreicht und am 6. September beim Arbeitsministerium einen Antrag auf Anerkennung als Kollektivpartei gestellt.
MEDLOG ist der türkische Geschäftsbereich Inlandslogistik der globalen Containerreederei MSC. Die 600 Beschäftigten des Unternehmens haben keine Beschäftigungsgarantie und erhalten monatlich nicht mehr als 350 bis 450 Euro. Bereits in mehreren Fällen hat MEDLOG Beschäftigte nicht wieder eingestellt, obwohl diese vor Gericht gegen das Unternehmen gewonnen hatten. Von den jüngst entlassenen Beschäftigten erhielt niemand eine Abfindung.
Die ITF-Koordinatorin für maritime Industrien Jacqueline Smith wandte sich mit einem Schreiben an den Präsidenten und Vorstandsvorsitzenden von MSC Diego Aponte: "Unter Hinweis auf die guten Beziehungen, die sich im Laufe der Jahre zwischen MSC und der ITF entwickelt haben, bitte ich MSC um eine umgehende Intervention bei MEDLOG, um weitere gegen unser Mitgliedsorganisation NAKLİYAT İŞ gerichtete Konflikte zu deeskalieren und so bald wie möglich einen echten sozialen Dialog aufzubauen."
Nach Informationen des NAKLİYAT İŞ-Präsidenten Ali Rıza Küçükosmanoğlu setzt das Unternehmen diese Entlassungen zunehmend als Waffe gegen gewerkschaftliche Organisierungsbestrebungen ein. Neben öffentlichen Protesten würden die Streikposten vor den Unternehmensniederlassungen in Istanbul, Izmir und anderswo aufrechterhalten, kündigte er an. Er dankte der ITF für ihre Solidarität in dieser schwierigen Situation.
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