Heute (am 20. September) musste Bonderman sein bislang schlechtestes Wahlergebnis einstecken: 29,5 % der Aktionär/innen stimmten entweder gegen ihn oder enthielten sich der Stimme, im Vergleich zu 12,5 % im Jahr 2017. Dieses Ergebnis macht Bonderman zum unbeliebtesten Verwaltungsratschef des irischen Aktienindex ISEQ20, was den Widerstand gegen seine Wiederwahl anbelangt, und zwar noch vor Martin Keane von Glanbia. Der Grad der Ablehnung gegen Bonderman übertrifft die Opposition gegen einen durchschnittlichen irischen Unternehmensleiter um mehr als das Zehnfache.
Anfang dieses Monats hatten die Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF) und die Europäische Transportarbeiter-Föderation (ETF) in einem Schreiben an die Aktionär/innen von Ryanair appelliert, gegen die Wiederwahl von Bonderman zum Verwaltungsratschef zu stimmen. ITF und ETF erhielten Rückenstärkung durch die Investorenberatergruppen Glass Lewis, ISS und PRIC, die alle starke Vorbehalte gegen das Corporate-Governance-Modell von Ryanair zum Ausdruck brachten.
Daraufhin kündigten große institutionelle Investoren, darunter die Pensionskassen Local Authority Pension Fund Forum (LAPFF) in Großbritannien sowie California Public Employees' Retirement System (CalPERS) und State Teachers’ Retirement System (CalSTRS) in den USA an, Bonderman als Verwaltungsratschef abzuwählen.
Obwohl Bonderman genügend Stimmen hinter sich vereinte, um im Verwaltungsrat bleiben zu können, erscheint er in seiner Position zunehmend untragbar. Nach 22 Jahren als Verwaltungsratschef ist auf der Chefetage nicht einmal der Ansatz einer unabhängigen Kontrolle zu erkennen, ein Problem, das im Vorfeld der Jahreshauptversammlung für intensive Medienberichterstattung sorgte.
Der Beschluss von Ryanair, die Medien in diesem Jahr von der Jahreshauptversammlung auszuschließen, macht deutlich, welche Unsicherheit die derzeitige Führungsspitze umgibt. Auf der kontroversesten Jahreshauptversammlung seit Jahren versäumt sie es ein weiteres Mal, auch nur eines der grundlegenden Probleme in Angriff zu nehmen, unter denen das Unternehmensmodell leidet.
Unterdessen verhallen die Forderungen der Beschäftigten bei Ryanair – z. B. Bezahlung aller geleisteten Arbeitsstunden und die Abschaffung langfristiger Leiharbeit – weiterhin ungehört. Während das Unternehmen konkrete Veränderungen vor sich her schiebt, plant das Kabinenpersonal in fünf Ländern am Freitag, den 28. September einen weiteren Arbeitskampftag.
Dazu ITF-Generalsekretär Steve Cotton: "Herr Bonderman mag noch auf seinem Posten sitzen, aber seine Glaubwürdigkeit als Verwaltungsratschef ist bedenklich angeschlagen. Nach einer derartigen öffentlichen Kritik an der Führungsspitze kann man nicht einfach wieder zum 'Business-as-usual' übergehen."
"Vor allem hat Ryanair erneut die Chance verpasst, sein Corporate-Governance-Modell zu erneuern. Es ist schwer vorstellbar, wie das Unternehmen mit einer unverantwortlichen Leitung, die keine unabhängige Kontrolle der Vorstandsetage zulässt, wieder auf eine stabile Basis kommen soll."
ETF-Generalsekretär Eduardo Chaga erklärte: "Die Rückkehr von Bonderman in den Verwaltungsrat verheißt nichts Gutes für die Arbeitgeber-/Arbeitnehmerbeziehungen des Unternehmens. Wir haben alle auf ein Signal gewartet, das die Bereitschaft des Unternehmens zu einem Kurswechsel anzeigt. Dieses Signal ist jedoch ausgeblieben."
"Erst in der letzten Woche hat Ryanair auf die Gründung einer neuen Kabinenpersonalgewerkschaft in Polen mit dem Versuch reagiert, sie auszuschalten und die Beschäftigten zur Unterzeichnung von Scheinselbständigkeitsverträgen zu zwingen. Das ist nicht das Vorgehen eines reifen Unternehmens, und die Verantwortung dafür trägt letzten Endes die oberste Führungsspitze."
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